Konzert-Rezension: Klaus Sticken & Oskar Ansull

Literarisches Konzert

Sonntag, 12. Januar 2014

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Oskar Ansull - Sprecher

Klaus Sticken - Klavier

Der bekannte Pianist Klaus Sticken (links) und der Rezitator Oskar Ansull überzeugten bei dem literarischen Konzert im Bürgerhaus.


Westfälische Nachrichten vom 14.01.2014

von Axel Engels

Geniale Partner im genreübergreifenden Dialog

Literarisches Konzert des Kultur-Freundeskreises / Werke von Jean Paul und Robert Schumann

Telgte. Auf höchstem musikalischen Niveau und jederzeit fesselnd: So könnte man das literarische Konzert am besten beschreiben. Damit hat der Kultur-Freundeskreis am Sonntagabend den vielen Liebhabern feinster Pianistik und großer Literatur zu Jahresbeginn ein exquisites Geschenk gemacht. "Jean Paul und Robert Schumann - Zwillingsbrüder" lautete der Titel, den der in Telgte bekannte Pianist Klaus Sticken und der Rezitator Oskar Ansull ihrem Programm zugrundegelegt hatten, und dieser eröffnete musikalisch-literarisch einen ganzen Kosmos romantischer Gefühlswelten. Sehr feinsinnig waren Texte und Musikwerke zusammengestellt, ermöglichten einen ganz intensiven Zugang zu der Wechselbeziehung der künstlerischen Gedankenwelt dieser beiden großen Meister.

 

Oskar Ansull schaffte es mit seiner ausdrucksstarken Sprache, die Intensität der Worte adäquat umzusetzen, fesselte mit einer sehr direkten und wohldifferenzierten Rezitation. Die für heutige Vorstellungen oftmals etwas blumige Sprache des deutschen Schriftstellers faszinierte in ihrer Schönheit, so eine farbenreiche Wortwahl gibt es in der heutigen Literatur oftmals nicht mehr. Leicht humoristisch eingefärbte Passagen lockerten die stark existenziellen Auszüge der inneren Kämpfe des Schriftstellers auf. Das weltanschauliche Spektrum zwischen Klassik und Romantik wurde so nachvollziehbar, man erlebte quasi eine literarische Reise durch die Zeit.

 

Mit Klaus Sticken hatte er einen kongenialen Partner an der Seite, der aus dem großen Schaffen von Robert Schumann genau die passenden Werke herausgefunden hatte. Bei Schumann zieht sich der Gedanke des fiktiven Zwillingspaares "Eusebius und Floresten" durch sein ganzes Leben, seine innere Zerrissenheit hat tiefe Spuren hinterlassen.

 

Mit seiner kultivierten Art des Spielens konnte der in Wien als Professor tätige Pianist diese Spuren aufzeigen. Bei der Auswahl zeigte er ein sehr inniges Verhältnis zur Musik Robert Schumanns. So wählte er aus den beiden Heften der Davidbündlertänze genau die fünf, die in ihrer Vielschichtigkeit den Textpassagen aus den Tagebüchern Schumanns sowie den "Hesperus" von Jean Paul entsprachen. Seine Ausgestaltung der großen "Fantasie" von Robert Schumann war schon etwas ganz Besonderes. "Durch alle Töne tönet im bunten Erdentraum, ein leiser Ton gezogen für den, der heimlich lauschet" (von Friedrich Schlegel) hatte Robert Schumann dieses Werk überschrieben und so fasste Klaus Sticken es auch als poetische-lyrische Erzählung auf.

 

Seine Virtuosität und technische Bravour stellte Klaus Sticken immer in den Dienste der Musik, konnte im stetigen Wechsel der Stimmungen und Bilder den Gefühlsgehalt des Werkes jenseits des reinen Notentextes wunderbar mitteilen. Seine dynamische Differenzierung erlaubt ein introvertiertes Herangehen an die "Fantasie", der das Publikum ganz gebannt lauschte. Bravourös lies er bei der anspruchsvollen "Paganini-Etüde op. 3 Nr. 1" seiner Spielfreude freien Lauf. Wenn unter ihm das Thema der "Geister-Variationen" und die 5 Variationen ihren ganzen Zauber entfalteten, war man einfach fasziniert von solch hoher Kunst. Oskar Ansull und Klaus Sticken zeigten sich als kongeniale Partner in einem genreübergreifenden Dialog.