Konzert-Rezension: La Gioia Köln

Kammerkonzert

Sonntag, 11. Oktober 2009

Bürgerhaus Telgte

 

La Gioia Köln

Stephanie Bosch, Block-/Traversflöte

Christof Boerner, Barockvioline

Alexander Scherf, Barockvioloncello

Tatjana Vorobjova, Cembalo


Westfälische Nachrichten vom 13.10.2009

von Dr. Johannes Hasenkamp

Warme Flötenklänge

Werke des Hochbarock im Bürgerhaus Telgte: Kammermusik aus der Komponistenwiege

Telgte. "Komponistenwiege Mitteldeutschland" stand als Motto über dem Konzert des Kultur-Freundeskreises Telgte im Bürgerhaus am Sonntagabend. Das junge vierköpfige Ensemble "La Gioia" ("Freude") aus Köln bot einen Abend der feinen, oft eher zarten Töne. Der Abend wurde eine anregende Begegnung mit der Kammermusik des Hochbarock, die nicht immer so angesehen war wir heute.

 

Barock bezeichnete einst in der Baukunst und von daher übernommen in die Musik das Bizarre, Ausladende und war nach dem edlen Klassizismus eine "Verfallserscheinung".

 

Noch 1802 kennzeichnete ein Musiklexikon Barock als eine Kunst, in der "die Melodie oft in schwer zu intonierenden Intervallen fortschreitet, die Harmonie verworren und der Satz mit Dissonanzen und ungewöhnlichen Ausweichungen überladen ist." Noch Ende des 19. Jahrhunderts sprach man in der Musik nicht gern von "barock", sondern lieber von "Generalbasszeitalter". Doch auch zur Musik gehört Fortschritt, wie die heutige übergroße Beliebtheit der Barockmusik und die Ablehnung nachfolgender Entwicklungen zeigen.

 

An diesem Abend gab es Perlen der Barockmusik wie die Sonata prima (Pariser Quartett) A-Dur des einst als Vielschreiber herabgestuften Georg Philipp Telemann, eine klanglich abwechslungsreiche, frisch und lebendig wirkende Musik mit vergnüglichen Überraschungen.

 

Christof Boerner, der Geiger des Ensembles, gab zwischendurch kleine Übersichten über die Komponistenwiege Mitteldeutschlands. Händel stammt aus Halle, Bach aus Eisenach, Telemann aus Magdeburg, Johann Philipp Kirnberger, der bedeutende Theoretiker, aus Saalfeld/Thüringen und Johann Christian Fasch aus Buttelstedt bei Weimar. Diese Komponisten, von denen an diesem Abend Werke gespielt wurden, stammen aus dem auch heute noch musikalisch fruchtbaren Landstrich.

 

Abwechslungsreich wurde der kammermusikalisch leise Abend auch durch den Wechsel der Besetzungen. Natürlich war immer Tatjana Vorobjova, präzise, Sicherheit stiftende Spielerin des oft recht leisen Cembalo, dabei. In Bachs Sonate G-Dur für Violine und Basso continuo überzeugte Christof Boerner durch (ernste) Genauigkeit mit der Barockvioline. Er spielte ebenso wie der Cellist Alexander Scherf (der vor sechs Jahren schon in Telgte auftrat) mit leichtem Barockbogen. Er kam, Impulse gebend, recht kräftig heraus.

 

Dazu kam das Blasinstrument des Ensembles. Seine Gründerin Stephanie Bosch, spielte die klappenlose Traversflöte sowie eine Tenorblockflöte, die je ihren eigenen Klang haben, geeignet besonders für das sanfte Affetuoso bei Fasch wie für das einschmeichelnde Soave bei Telemann. Der Klang dieser Instrumente verband sich ideal mit dem der anderen, die ja auch nur eine beschränkte Dynamik erlauben.

 

Feinste Kammermusik boten der Geiger und die Cembalistin in der Sonate G-Dur BWV 1021 von Bach, anspruchsvoll virtuos erklangen mit überraschend harmlosem Schluss der Variationen Johann Philipp Kirnbergers Sonate C-Dur für Violoncello und Bc.

 

Der wachsende Beifall für diesen abwechslungsreichen Abend forderte eine Zugabe heraus, einen Satz aus dem G-Dur-Quartett von Telemann, dessen Meisterschaft damit erneut deutlich wurde.